Die saftlose Gesellschaft: Eigener Strom fürs eigene Handy?
Es ist ein bekanntes Bild und auch eine bekannte Frage - junge Menschen stehen in einer Bar, einem Café oder auch einem Kaufhaus und wenden sich Hilfe suchend an die Verkäufer vor Ort: "Kann ich mein Handy mal kurz bei Ihnen anschließen?"
Das Bild, so häufig es zu sehen ist, darf doch zugleich auch von vielen anderen Bildern und Errungenschaften der modernen Welt begleitet werden: Wer kennt nicht jemanden, der immer eine Powerbank mit sich führt, wer hat nicht ständig ein Ersatzladekabel zusätzlich zum häuslichen Ladeterminal dabei, welches Auto kommt noch ohne Zigarettenanzünder oder eben der entsprechenden Ladestation darin aus?
Und zugleich ist es nicht so, dass die Gesellschaft oder eher die Elektronikindustrie den nutzerwilligen Kunden entgegenkommt. Natürlich nimmt die Anzahl der kostenfreien Ladestationen zu, sei es an Flughäfen oder in belebten Innenstädten. Ja manchmal entstehen sogar Trends: So kann der körperbewusste Handynutzer am Bahnhof in Paris etwa auf einem stationären Fahrrad Platz nehmen und den Energiebedarf für sein Mobilgerät selbst produzieren.
Aber ist das die Lösung? Oder eher eine symptomatische Bekämpfung von Nebeneffekten?
Denn der Kunde kommt hier ja eigentlich dem Hersteller entgegen: Wo der Energieverbrauch von Apps und Geräten dank unökonomischer Bildschirme, massiver Hyperlautsprecher und ähnlichem Schnickschnack steigt, werden nicht etwa die Laufzeiten von Akkus verbessert oder neue Sparmodi eingebaut. Ganz im Gegenteil, der Stromverbrauch der kleinen Biester, die wir alle so lieben, und alle auch dringend brauchen, nimmt stetig zu und die Speicherkapazität kontinuierlich ab. Wo steckt da die Logik?
Denn ist nicht das vermeintliche Umweltbewusstsein moderner Nutzer der Auslöser für vielfältige gesellschaftliche Veränderungen?
Es wirkt bizarr und makaber: Wo Menschen gemeinsam via Smartphone gegen den Kohlebergbau und für erneuerbare Energien twittern, werden seltene Erden im Raubbau aus der Umwelt in die neuen Handys gepresst, die als Energiefresser überhaupt erst wieder die massiven Energiekosten erzeugen. Der sprichwörtliche Teufelskreis wird gerade durch die Generation befeuert, die sich eigentlich gegen solche Mechanismen wenden sollten.
Alternativen bleiben auf der Strecke: Energieeffiziente Handys, Solarladegeräte und Windkraftgeneratoren für den heimischen Balkon stecken allesamt in den Kinderschuhen und werden damit auch in der Biotonne versenkt werden. Denn solange der Pseudo-Naturschutztrend lediglich zu einer Kapitalisierung von Umweltschutz mittels einer "Verhyppung" führt, und wirkliches Nachdenken lediglich Fake News folgt, bleibt die saftlose Gesellschaft ein abhängiges Konstrukt wie eh und je.
Insofern darf gehofft werden, dass SIE diesen Beitrag nicht auf einem Mobilgerät gelesen haben. Und dass, getreu dem guten alten Mel Brooks, "der Saft mit Ihnen" sein möge.
Autor: Autor17. Bildnachweis: Pixabay/Leeroy.